Mittwoch, 19. März 2014

Das Principal-Agent Problem; Sonderausgabe Politik

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John Stewart machte sich auf köstliche Weise lustig über die Doppelmoral einer US-Politikerin zum Thema Spionage daheim. Ich würde das Video ja gerne einbinden, aber es benimmt sich daneben (startet von alleine etc.), also sei Euch der Link empfohlen.
 
 
Satire ist ein wundervolles Mittel, um Doppelmoral zu entlarven. Doch normale Nachristen zeigen diese auch. Man muss höchstens mal zwischen den Zeilen lesen oder auch bloß ein paar Nachrichtenberichte vergleichen. Es war überaus offensichtlich dass deutsche Politiker sich laut über die Spionage ihnen gegenüber beschwerten, aber zuvor kaum etwas von sich hören ließen, als über Spionage gegen Normalbürger berichtet wurde.
Selbst heute nehme ich ein ernsthaftes allgemeines Aufmüpfen nur von den niederen Etagen der Parteien (natürlich nicht CDU) wahr; Kommunal- und allenfalls noch oppositionelle Landespolitiker. Dies ist das klassische Principal-Agent Problem: Die Leute können nicht alles als Gruppe selbst tun, also delegieren sie Aufgaben an 'Agenten', die dann ihre eigene Sicht der Dinge, ihre eigenen Vorlieben usw. anwenden - und das Ergebnis ist selten im besten Interesse der Allgemeinheit. Aber dies hat noch tiefere Wurzeln; ich denke Politiker haben zwei Gesinnungsprobleme.
(a) Sie halten viel zu viel von sich und Ihresgleichen
Dies ist ein großes Problem wenn es darum geht, Sicherheitsregeln gegen Machtmissbrauch zu etablieren oder auch nur aufrecht zu erhalten. Politiker auf nationaler und Landesebene halten sich nicht für eine Gefahr für unsere Freiheit, also warum sollten ihnen Fesseln angelegt werden?
Eine bessere Frage wäre natürlich  'Warum würdet ihr überhaupt diese Einschränkungen gegen Machtmissbrauch auch nur bemerken, wenn Eure Handlungen doch niemals so übel sind, dass ihr auch nur in die Nähe dieser Einschränkungen kommt?'
Dieses Problem ist besonders offensichtlich in Diskussionen zur Internetzensur. Diese naiven Politiker glauben tatsächlich, dass Zensur OK ist, solange sie selbst an der macht sind. Denn sie meinen es ja nur gut und die Zensur ist ja auch nur gegen die wenigen *füge die Buhmänner des Jahres hier ein* gerichtet.
Nein. Keine Zensur, basta.
Dasselbe gilt für Spionage im eigenen Lande und Vorratsdatenspeicherung. Die Pläne in diese Richtung sind oftmals ebenso verfassungswidrig wie Zensur (man würde "verfassungsfeindlich" sagen, wenn politische Außenseiter sie vorgeschlagen hätten).
(b) Sie trauen den Bürgern nicht
Das ist eigentlich unlogisch, denn schließlich haben ja diese nicht vertrauenswürdige Wählerschaft sie überhaupt mehr oder weniger direkt erst in Ämter gewählt, oder?
Dieses Misstrauen ist besonders offensichtlich beim thema Volksabstimmung. Angeblich sind wie das Volk ja vollkommen fähig eine gute Wahl zu treffen wenn ganze Parteien mit riesigen Wahlprogrammen für eine Legislaturperiode von vier Jahren voller unvorhersehbarer Ereignisse zur Wahl antreten. Doch wir sind zu emotional instabil und zu einfach manipulierbar wenn eine Abstimmung über einen spezifischen, veröffentlichten und monatelang öffentlich diskutierten Vorschlag ansteht.
Und natürlich sind wir nicht vertrauenswürdig, denn schließlich sind wir alle potentielle Kriminelle, wenn nicht gar pauschal Verdächtige oder 'Gefährder'. Ich bezweifle stark, dass die Kriminalitätsrate bei den Spitzenpolitikern unter dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. Zu viele Politiker wurden sogar verurteilt, und manch einer kam gar als Vorbestrafter ins Kabinett.
Doch diese Gefahren - politischen Extremismus und mangelndes Demokratieverständnis - sehen die Bundespolitiker scheinbar nur bei den Normalbürgern (und bei den Mitgliedern einer Partei, die ohnehin nie an einer Bundesregierung Anteil hat).
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Es wäre wunderbar wenn wir unsere politische Kultur über diese Gesinnungsprobleme hinweg fortentwickeln könnten. Doch das ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Die politischen Eliten reden zu viel untereinander und mit ihrer Peripherie. Politshows im Fernsehen sind auch bloß eine Form der Unterhaltung, die Politik als Vorwand nutzt und Politiker als leicht verfügbare, bekannte und kostenlose Darsteller beschäftigt.

Über die dahergebrachten Formen der politischen Öffentlichkeit wird kaum viel Reform kommen. Nieman schien fähig, das Grundfalsche an der Idee der Zensur in den Politikerschädel zu hämmern, aus dem dieser dumme Vorschlag kam. Und nun? Besagter Politikerschädel hat jetzt den Oberbefehl über die Bundeswehr. Der bloße Vorschlag von Zensur hätte den sofortigen Karriereselbstmord bedeuten müssen, doch so kam es nicht. Dies, wenn schon nichts Anderes, sollte nun wirklich als Motivation reichen, sich selbst politisch zu engagieren und sich für Verbesserungen im politischen System und der politischen Kultur Deutschlands zu engagieren.
S O
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